Es war ein wunderschöner Morgen, wie ihn verträumte Dichter in langen Hymnen beschreiben. Der Himmel war klar und von azurenem Blau, die Sonne gewann stetig an Kraft und die Pflanzen reckten sich ihr stolz entgegen. Mensch und Tier schienen für einen Augenblick in absoluter Harmonie nebeneinander zu exsistieren.
Auf der kleinen Insel wehte ein laues Lüftchen, welches die Gräser bog und Blätter sanft zum Rascheln brachte.
Alles schien ein geradezu perfektes Bild zu ergeben als eine junge Frau den geschlugenen Pfad in Richtung der Wälder kam. In der Kurve ihrer Hüfte trug sie einen geflochtenen Korb und auf den rosigen Lippen hatte sie ein kleines Lied. Ihr einfacher blauer Leinenrock schwang im Takt ihrer Schritte hin und her. Der Wind verfing sich in ihren hellen Locken und ließ sie vorwitzig in ihr sonnengebräuntes Gesicht fallen. Sie war von eher zarter Statur, so dass der Korb an ihrer Seite geradezu riesig wirkte.
Graciela war auf dem Weg in den kleinen Forst in der Nähe ihres Dorfes, um Pilze und Beeren zu sammeln, die den Speiseplan der Familie ergänzen sollten. Sie liebte diese Zeit des Tages, wenn alles zu erwachen und vor Leben überzuschäumen schien. Als der Wind ihr erneut frische Seeluft ins Gesicht blies, hielt sie kurz inne und schloß die Augen um die prickelnde Sensation auf ihrer Haut zu genießen. Hier an der Küste konnte man das Meer in Luft quasi schmecken.
Schließlich kam sie zum Rand des Waldes und schon nach wenigen Schritten hatte sie das Dickicht verschluckt. Die Sonne versuchte sich tapfer durch das Geäst zu kämpfen, dieses leistete ihr jedoch standhaft Gegenwehr, so das am Boden schummeriges Dämmerlicht vorherrschte. Ab und zu gab es kleine Flecken an denen das Blätterdach weniger dicht war, so dass die Sonne durchdringen konnte. Sie erschienen Graciela wie kleine Inseln aus goldenem Licht.
Die junge Frau stimmte ein neues Lied an und begann damit Walderdbeeren zu pflücken, welche sich ihr verlockend entgegen reckten. Ganz in ihre Arbeit versunken vergaß sie bald die Welt um sich herum, wurde jedoch jäh aus ihrem Tagtraum gerissen als plötzliche ein lautes Knacken im Unterholz hinter ihr ertönte...
Thema: Ein schöner Tag 
Do Mai 01, 2014 7:42 am